Gerichtstetten: Sie verstehen "die Sprache der Pflanzen und Böden" - Buchen - RNZ

2022-05-05 09:00:40 By : Mr. Frankie Zhao

Matthias Heilig und Jenny Damico aus Gerichtstetten stellen ihren Betrieb auf regenerative Landwirtschaft um. Der eigene Hofladen bietet regionale Produkte,

Jenny Damico und Matthias Heilig (r.) zeigen dem baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Peter Hauk (2. v. l.) und Hardheims Bürgermeister Volker Rohm eine Rapsölpresse in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb in Gerichtstetten. Foto: Adrian Brosch

Hardheim-Gerichtstetten. (adb) Was ist regenerative Landwirtschaft? Welche Vorteile bietet sie Landwirten und Verbrauchern? Diese Fragen klärte am Montag eine lehrreiche Führung durch den Hofladen und den Betrieb von Matthias Heilig und Jenny Damico in Gerichtstetten. Hinter die Kulissen blickten dabei unter anderem Bürgermeister Volker Rohm und Landwirtschaftsminister Peter Hauk.

Wie Matthias Heilig nach kurzer Begrüßung erläuterte, seien er und seine Partnerin vor drei Jahren auf die regenerative Landwirtschaft  gestoßen. "Sie hat uns von Anfang an überzeugt. Langfristig können wir als Hof nur überleben, wenn wir nicht gegen die Natur arbeiten, sondern mit der Natur", betonte der staatlich geprüfte Techniker für Landbau. In seinem Betrieb ersetzen Komposttee, Gesteinsmehl, Pflanzenkohle und effektive Mikroorganismen synthetische Einträge wie Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel.

Die regenerative Landwirtschaft orientiert sich an natürlichen Systemen, die sich mithilfe von ausgeprägter biologischer Vielfalt, guter Austauschkapazität und hoher Speicherfähigkeit selbst regenerieren kann. "Ressourcen auf- statt abbauen", ließ Matthias Heilig wissen. Er verglich den Boden mit dem "Magen" einer Pflanze: "Sie kann sich alle benötigten Nährstoffe in richtiger Menge selbst aus dem Boden ziehen, weil das Bodenleben durch die richtige Nahrung ins Gleichgewicht gebracht wird." Gleichsam könne gesunder Boden mehr Wasser und Nährstoffe speichern, so dass er resistenter mit Wetterextremen umgeht. "Auf der anderen sinkt der Druck durch Unkraut, Schädlinge und Krankheiten. Die mechanische Bearbeitung wird einfacher, die Erntequalität hingegen hochwertiger", informierte Heilig.

Besonders positiv sei die "Hilfe zur Selbsthilfe", die den Landwirt unabhängiger von großen Konzernen mache. "Während die konventionelle Landwirtschaft Resistenzen bildet und jährlich weitere neue Pflanzenschutzmittel erfordert, regt der regenerative Anbau natürliche Prozesse an und unterstützt sie mit der Zeit immer weniger – weil sie dann zu Selbstläufern werden", ist Heilig überzeugt.

"Selbst im Garten können wir beobachten, wie positiv sich Komposttee, effektive Mikroorganismen und die dicke Mulchschicht auf Boden und Pflanzen auswirken", fuhr Heilig fort. Er sieht die Umstellung von konventioneller auf regenerative Landwirtschaft als Prozess an, bei dem jede Veränderung neue Voraussetzungen schafft und darauf abgestimmte Maßnahmen bedingt. "Ein großer Teil unserer Arbeit besteht darin, die Sprache der Pflanzen und Böden zu verstehen und ihr zu vertrauen."

Trotz gelegentlicher Tiefschläge verfolge man das Konzept aus Überzeugung und im festen Glauben an seine Zukunftsfähigkeit. "Unser Motto lautet: Ist der Boden gesund, ist die Pflanze gesund, is(s)t der Mensch gesund. Wir lassen die Natur einfach machen und hoffen, mit unserem Wirken anderen Interessierten Erfahrungswerte vermitteln zu können", verdeutlichte seine Partnerin Jenny Damico, mit der er den Ackerbaubetrieb in dritter Generation führt.

Bei der anschließenden Vorführung zeigten die beiden den im Dezember eröffneten Hofladen, der eine Fülle regionaler Produkte aus "Karschdäide" und unmittelbarer Umgebung offeriert. Dazu zählen neben selbst geernteten Äpfeln und eigenem Saft Mehl aus der Hardheimer Steinemühle, die man mit Getreide beliefert. Wild aus heimischen Wäldern, Naturseifen aus Altheim und Erzeugnisse der Sindolsheimer Kirchenkäserei sowie geschmackvolle Dekoartikel des Gerichtstetters Michael Hock und die "Hauptsache Odenwald"-Bücher runden das Angebot ab.

"Hinter allen Artikeln steht der regionale Gedanke", merkte Jenny Damico an. Das mit Douglasienholz aus dem Gerichtstetter und Erfelder Wald vertäfelte Ladengeschäft ist rund um die Uhr geöffnet und wurde von der Leader-Aktionsgruppe Regionalentwicklung Badisch-Franken gefördert. Eine kostenlose E-Bike-Ladestation und das offene Bücherregal ergänzen den Hofladen.

Nach kurzer Verköstigung präsentierten Jenny Damico und Matthias Heilig ihren Gästen mit viel Fachwissen die Unterschiede und Eigenschaften geläufiger Kartoffelsorten und die Verfahrensweise ihrer Rapsölpresse.

Minister Peter Hauk zeigte sich angetan. Er bezeichnete die regenerative Landwirtschaft als "zukunftsweisende und richtige Entscheidung" der Familie Heilig/Damico und lobte den liebevoll eingerichteten Hofladen. Dieser, so der CDU-Politiker, sei ein "gutes Instrument dafür, das Bewusstsein für den hohen Wert und die Güte regional erzeugter Lebensmittel zu schaffen". Das bestätigte Bürgermeister Volker Rohm.